Thomas Gottschalk hat sich aus dem Rampenlicht verabschiedet. Für Mallorca bleiben die Erinnerungen an fünf große Abende im Coliseo Balear – laute Jubelrufe, Prominentenbesuche und die Einsicht, dass die Insel mehr ist als nur Kulisse.
Gottschalks Abschied: Wie Palmas Arena kurze Zeit zur deutschen Sommerbühne wurde
Fünf Auftritte, viele Gäste, und eine Arena, die inzwischen stillsteht
Am Samstag hat sich Thomas Gottschalk endgültig aus dem Fernsehen zurückgezogen. Der 75-jährige Moderator sprach offen über seine Krebserkrankung und erklärte, dass Fernsehbühnen und Live-Publikum für ihn nun Vergangenheit sind. Auf Mallorca lösen diese Worte eine Mischung aus Melancholie und Dankbarkeit aus: Die Insel war für Jahre ein Ort, an dem große Samstagabend-Unterhaltung mit sommerlicher Stimmung verschmolz.
Zwischen 1999 und 2011 kehrte die Sendung, die er moderierte, fünfmal nach Palma zurück – die Termine sind in den Erinnerungen fest verankert: 1999, 2007, 2009, 2010 und 2011. Die Plaza de Toros, das Coliseo Balear, verwandelte sich bei diesen Gelegenheiten in ein offenes Wohnzimmer für Millionen Zuschauer. Internationale Stars standen auf der Bühne: von Montserrat Caballé und Sophia Loren über Ricky Martin und Enrique Iglesias bis zu Bon Jovi, Cameron Diaz, Jennifer Lopez, Heidi Klum oder Lionel Richie. Auch deutsche Größen wie Otto Waalkes und Michael Ballack gehörten zu den Gästen. Ein spezieller Moment bleibt haften: 2011 übernahm Frank Elstner kurz die Moderation, während Gottschalk später überraschend als Gast auftrat.
Wer damals an einem Sommerabend durch Palmas Altstadt ging, spürte den Effekt: mehr Taxis, knatternde Shuttlebusse zum Arenaeingang, Kellner mit vollen Tabletts, Touristen, die ihre Kameras schwenkten. Auf dem Passeig des Born hörte man Gespräche in mehreren Sprachen; in Cafés saßen Einheimische und Besucher neben- und miteinander und schauten, wie Palmas Name für einen Abend ins deutsche Wohnzimmer getragen wurde.
Die Sendungen brachten der Insel mehr als Lampenlicht: sie schufen sichtbare Wochenendaffluence für Hotels, Restaurants und Händler. Gleichzeitig machten sie auf Mallorca als Veranstaltungsort aufmerksam, auch weil internationale Prominenz die Straßen belebte und mediale Aufmerksamkeit erzeugte.
Heute ist die Situation anders. Das Coliseo Balear ist inzwischen für Großveranstaltungen nicht mehr nutzbar, bauliche Mängel haben eine Wiederholung dieses Formats verhindert. Die Schließung der Arena markiert einen Bruch zwischen jener TV-Ära und der Gegenwart – und erinnert daran, wie eng Kulturereignisse von Infrastruktur abhängig sind.
Gottschalks Rückzug bietet der Insel dennoch etwas Wertvolles: Anlass, sich an eine Phase zu erinnern, die Mallorca als Schauplatz größerer Unterhaltungsformate sichtbar machte. Erinnerungen funktionieren wie kleine Leuchttürme: Sie bringen Menschen zusammen, regen Gespräche an und liefern Anlass, das kulturelle Erbe zu bewahren. In Cafés an der Plaza Mayor hört man heute noch Anekdoten von jenen Abenden, wenn Einheimische den Namen eines Gasts mit einem Lächeln verbinden.
Das kann in konkrete Ideen münden. Statt auf Großproduktionen zu warten, könnten lokale Initiativen die Lücke füllen: kleine Open-Air-Reihen, Produktionen in renovierten historischen Höfen oder eine Gemeinschaftsausstellung zur Fernsehhistorie Palmas, die Fotos, Plakate und persönliche Erinnerungsstücke versammelt. Solche Projekte brauchen wenig Glamour, dafür aber Engagement von Gemeinden, Kulturvereinen und Unternehmern.
Am Ende bleibt ein Bild: Die Arena, einst Schauplatz lauter Jubelrufe, ist momentan still. Die Erinnerungen an jene fünf Sommerabende sind lebendig geblieben. Für Mallorca heißt das nicht nur Abschied, sondern auch Chance: die Spur dieser Ereignisse sichtbar zu halten und zugleich neue, heimische Formate zu fördern, die Alltag und Kultur miteinander verbinden. Wer durch Palma geht und bei einem Espresso auf dem Passeig sitzt, kann noch immer Geschichten hören – und vielleicht die Idee finden, wie man das kulturelle Gedächtnis der Insel weiterträgt.
Was bleibt: Dank an die Abende, in denen Palma für einen Moment Bühne und Zuhause zugleich war; die Erkenntnis, dass Räume gepflegt werden müssen, damit Kultur stattfinden kann; die Einladung an die Inselgemeinschaft, Erinnerungen zu sammeln und Neues zu gestalten.
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